Der Codex Alimentarius
Unbekannt und voll der Macht. Wenige Regelwerke haben ein solch großen Einfluß auf unser Leben und laufen so unter unserem Radar wie der Codex Alimentarius, niemand kennt ihn, niemand kann glaubt daß er inzwischen 5.000 Seiten hat die unser Leben maßgeblich mitbestimmen. Und die deutschen Abgeordneten im Bundestag wissen zumindest Großteils nicht das geringste zu dem Thema. Dies als kleiner Beitrag zur Aufklärung.
Geschichte des Codex Alimentarius
Konkret auf den Weg gebracht wurde der Codes Alimentarius von dem deutschen Chemiker, IG-Farben und Bayer-Vorstand Friedrich ter Meer. Es lohnt Herr ter Meer etwas Aufmerksamkeit zu geben. Herr ter Meer war im Vorstand der IG Farben. Als solcher stand er nach dem Krieg in Nürnberg vor Gericht. Um einer Idee seiner Gedankenwelt habhaft zu werden hier ein Zitat aus den Prozessakten von Nürnberg, auf Wikipedia gefunden, abgerufen am 6.12.2022.
Als Herr ter Meer im Prozess befragt wurde, ob er die Versuche an Menschen im KZ Auschwitz für gerechtfertigt gehalten habe, antwortete er, dass dies unerheblich gewesen sei:
„Den Häftlingen ist dadurch kein besonderes Leid zugefügt worden, da man sie ohnedies getötet hätte.“
Herr ter Meer war auch verantwortlich für den Schriftzug „Arbeit macht frei“ über einem der Tore von Auschwitz. Im Sommer 1950 wurde er wegen guter Führung vorzeitig aus der Haft im Kriegsverbrechergefängnis Landsberg entlassen und unmittelbar nach Aufhebung der Kriegsverbrecher-Sperrklausel des Alliierten Gesetzes im Jahr 1956 Aufsichtsratsvorsitzender der Firma Bayer AG.
An dieser Stelle nun zurück zum eigentlichen Thema, der Entstehung des Codex Alimentarius. Herr ter Meer war Anfang der 60er-Jahre ein Architekt des Codex Alimentarius. Dabei übernahm er vieles aus dem österreichischen Vorgängerwerk. Nach dem obigen Einblick in die Gedankenwelt von Herrn ter Meer ist meines Erachtens Misstrauen in die Selbstlosigkeit des Codex Alimentarius gerechtfertigt.
Wie nun kommt der CA in unser Leben? Von der Richtlinie zum Gesetz im eigenen Land.
Im Codex Alimentarius werden Richtlinien definiert welche von einer sogenannten Kommission erarbeitet würden. Über seine Mitgliedschaft in der WTO (Welthandelsorganisation) ist jeder Mitgliedsstaat gehalten unter Androhung von Strafe diese Richtlinien in den nationalen Gesetzen umzusetzen. Irgendwie ist das schon geisterhaft. Wir haben ein internationales Regelwerk das vorbei an den demokratischen Instanzen der Bundesrepublik regelt was wir im Supermarkt kaufen können und welche Informationen wir dazu erhalten, erhalten dürfen. Bei Lebensmitteln hört die Demokratie auf.
Was regelt der Codex Alimentarius?
Uns Verbrauchern wird der Codex schmackhaft gemacht mit der immer wiederholten Aussage daß dadurch
Lebensmittel sicherer werden und
Der Handel mit Lebensmitteln erleichtert wird.
Eben weil eine internationale Normierung stattfindet. Offiziell liest sich das dann wie folgt:
Obwohl die im Codex Alimentarius enthaltenen Normen nicht rechtsverbindlich sind, haben sie eine große Bedeutung und werden als wissenschaftlich basiert anerkannt. Die Welthandelsorganisation (WTO) greift wenn nötig auf die Codex-Standards zurück, um Lebensmittel betreffende Handelsstreitigkeiten zu schlichten. Nationale und regionale Gesetze und Normen basieren zunächst meist auf den Codex-Standards. Im Wesentlichen erstreckt sich der Einfluss des Codex Alimentarius über alle Kontinente. Sein Beitrag zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und fairen Handelspraktiken ist unermesslich.
Abgerufen von EUFIC am 20.2.2023.
Selber sehe ich das anders: Die Regeln des CA sind auf international operierende Großkonzerne ausgerichtet und optimieren deren Gewinnmöglichkeiten. Kleine Unternehmen und Verbraucherinteressen bleiben dabei auf der Strecke. Dabei ist es wichtig sich zu vergegenwärtigen wie die Regeln des Codex erarbeitet werden.
Wer erarbeitet die Codex-Standarts?
Und welche Themenbereiche werden vom Codex abgedeckt?
Zuerst mal erhebe ich weder auf Korrektheit noch auf Vollständigkeit einen Anspruch. Hier die Themenbereiche als grober Überblick, am Ende sind die Komitees und ihr Arbeitsgebiet ausführlicher aufgelistet.
- Vitamine und Nahrungsergänzung
- Werbung
- Gesundheitsaussagen die man über Nahrungsmittel machen darf
- Etikettierung: Was muß draufstehen, was soll draufstehen, was muß nicht draufstehen
- Nahrungsmittelzusatzstoffe
- Pestizidrückstände in Nahrungsmitteln
- Gentechnisch veränderte Nahrungsmittel
Federführend für ein Komitee ist jeweils ein Land. Die Bundesrepublik Deutschland ist beispielsweise für das Komitee welches die Regeln für Babynahrung erarbeitet zuständig.
Ich möchte exemplarisch etwas zur Etikettierung sagen: Sicher haben Sie schon mal gelesen: Hergestellt für xyz , mit anschließender Adressangabe des Händlers. Eine Herkunftsbezeichnung / eine Auskunft über das Land in dem das Produkt gewachsen ist bzw. verarbeitet wurde findet sich nicht. Hier mal das Beispiel China welches beträchtliche Mengen der folgenden Produkte herstellt.
- Apfelsaft aus Apfelsaftkonzentrat
- Champignons in Gläsern/Konserven
- Spargel in Gläser/Konserven
- geschälte Mandarinen
- Wursthäute, Schafsaitlinge
- verarbeitete Tomaten und Tomatenmark; das kommt dann als italienische Markenware bei uns auf den Tisch
- Soweit mir bekannt gibt einzig der Hersteller Frosta klar zu erkennen daß einige seiner Produkte aus China stammen.
- ORO di Parma geht einen anderen Weg und versichert daß die ausschließlich Tomaten in Italien/Parma gewachsen sind.
Folgende Codex-Komitees und Arbeitsgruppen sind zurzeit aktiv tätig:
abgerufen von der Seite des BMEL am 27.02.2023
- Codex-Komitee für Allgemeine Grundsätze (CCGP)
- Hauptaufgabe: Behandlung von allgemeinen und Verfahrensangelegenheiten
- Codex-Komitee für Kontaminanten in Lebensmitteln (CCCF)
- Hauptaufgabe: Ausarbeitung von zulässigen Höchstwerten für Kontaminanten in Lebensmitteln.
- Codex-Komitee für Lebensmittelhygiene (CCFH)
- Hauptaufgabe: Ausarbeitung von auf alle Lebensmittel anzuwendenden grundlegenden Verfahrensvorschriften für Hygienepraktiken und Prüfung der von den Codex-Warenkomitees ausgearbeiteten Hygienevorschriften
- Codex-Komitee für Lebensmittelkennzeichnung (CCFL)
- Hauptaufgabe: Ausarbeitung von Kennzeichnungsbestimmungen und Prüfung von mit Auslobungen verbundenen Fragen
- Codex-Komitee für Lebensmittelzusatzstoffe (CCFA)
- Hauptaufgabe: Erarbeiten von Regelungen für die Verwendung von Lebensmittelzusatzstoffen in Lebensmitteln (u.a. zulässige Höchstwerte und Verwendungsvorschriften)
- Codex-Komitee für Analyse- und Probenahmeverfahren (CCMAS)
- Hauptaufgabe: Definition von Kriterien zur Verbesserung der Analyse- und Probenahmeverfahren, Festlegung von Anforderungen an Referenzlaboratorien und deren Qualitätssicherung
- Codex-Komitee für Rückstände von Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln (CCPR)
- Hauptaufgabe: Ausarbeitung von Zulassungskriterien zur Anwendung von Pestiziden und deren Rückstandshöchstmengen, Prüfung von Problemen in Verbindung mit der Unbedenklichkeit von Lebensmitteln und Futtermitteln, die Pestizidrückstände enthalten
- Codex-Komitee für Tierarzneimittelrückstände (CCRVDF)
- Hauptaufgabe: Verfahren für die Prüfung von Tierarzneimittelrückständen in Lebensmitteln festlegen; Höchstgehalte für diese Stoffe festlegen, Leitlinien für Rechtsetzung im Arzneimittelbereich sowie zur Anwendung von Tierarzneimitteln
- Codex-Komitee für Lebensmittelimport-und Exportkontrolle und Zertifikationssysteme (CCFICS)
- Hauptaufgabe: Vereinheitlichung der Kontroll- und Zertifikationssysteme für die Lebensmitteleinfuhr und -ausfuhr und Ausarbeitung von Richtlinien für deren Anwendung durch die Behörden der Einfuhr- und Ausfuhrländer
- Codex Komitee für Ernährung und Lebensmittel für besondere Ernährungszwecke (CCNFSDU)
- Hauptaufgabe: Behandlung von allgemeinen Fragen der Ernährung und Ausarbeiten von Standards für diätetische Lebensmittel, z.B. Säuglings- und Kleinkindernahrung. Für dieses Komitee hat Deutschland den Vorsitz inne. Die Organisation und Durchführung der jährlichen Sitzungen erfolgt durch das BMEL. Details finden Sie im Internet www.ccnfsdu.de
- Codex-Komitee für verarbeitetes Obst und Gemüse (CCPFV)
- Hauptaufgabe: Ausarbeitung von weltweiten Standards für alle Arten von verarbeitetem Obst und Gemüse, einschließlich getrockneter und tiefgefrorener Erzeugnisse
- Codex-Komitee für Fette und Öle (CCFO)
- Hauptaufgabe: Ausarbeitung von weltweiten Standards für Fette und Öle (tierischer wie pflanzlicher Herkunft)
- Codex-Komitee für frisches Obst und Gemüse (CCFFV)
- Hauptaufgabe: Ausarbeitung von weltweiten Standards für frisches Obst und Gemüse in Beratung mit der UN/ECE-Arbeitsgruppe für die Standardisierung von verderblichen Waren
- Codex-Komitee für Gewürze und kulinarische Kräuter (CCSCH)
- Hauptaufgabe: Ausarbeitung von weltweiten Standards für Gewürze und getrocknete Küchenkräuter
- Codex-Komitee für Getreide und Hülsenfrüchte (CCCPL)
- Hauptaufgabe: Ausarbeitung von weltweiten Standards für Getreide und Hülsenfrüchte und ihrer Produkte
Noch eine Merkwürdigkeit möchte ich erwähnen. Die Regeln des Codex sorgen sich sehr um unsere Gesundheit. Dennoch gibt es keine Einschränkung des Zuckergehalt von Lebensmittel und soweit ich es verstehe gibt es keine Verpflichtung den Zuckergehalt klar zu deklarieren.
Und noch etwas ist mir aufgefallen. Wobei ich hier noch keine klaren Angaben gefunden habe. Wie genau sind die Komitees besetzt? Wenn ich Herrn Hans-Ulrich Grimm richtig verstehe dann sind sitzen hier mehr Vertreter der Industrie als Mitarbeiter von entsprechenden Ministerien.
Bitte schützen sie sich und ihre Familie indem sie ihre Nahrungsmittel soweit möglich selbst zubereiten.